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Ein “Open Circular” Betriebssystem für ein Haus?

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  • 28. Oktober, Bremerhaven, WERK.OPEN

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opencircularity.info/betrieb

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Hi,

Hi, ich bin Lars Zimmermann, Designer, Künstler und Aktivist. Ich führe ein Designstudio für Open Source Circular Design namens Mifactori. Und das gibt ein bisschen mein Thema hier vor. Los geht’s! 

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1. Fragen

Jonas hat mir für den Vortrag vorher ein paar Fragen genannt. 

1. Open Source Hardware und Kreislaufwirtschaft? Wie kann das geschäftlich funktionieren?

2. Circular House? Wie kann unser Haus hier die Kreislaufwirtschaft umsetzen?

3. Wie kann man Leute vor Ort für unser Circular House begeistern und darin einbinden?

4. Wissen teilen, ja, aber wie? Wie kann man freies Wissen für Kreislaufdesign online so aufbereiten und strukturieren, dass es zugänglich wird und vor allem auch bleibt?

5. “Das ist doch hässlich!” Welche Ästhetik steckt in Open Source Circular Design? Welche Schönheit (er)finden wir darin?

Super. Auf all das will ich eingehen. Dafür will ich erstmal etwas zeigen.

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2. Was ist Open Circular Design?

Ich habe zwei “Produkte” mitgebracht, anhand derer ich gleich einiges erklären will. Die baue ich ganz kurz auf.

<Designs aufbauen>

Brio-Lampe (mit Blumentopf als Fuß)

Schöneberger Hocker Upcyclingversion)

Es gibt auf der Mifactori-Webseite einen Artikel names “What Is Open Circular Design”? Der hat ein Update bekommen und damit auch eine deutsche Version mit einem neuen Visual: 
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Der Artikel beschreibt 9 Design-“Strategien” für wirklich nachhaltiges Design bzw. Open Circular Design. Ich gehe anhand des Visuals diese Strategien mal durch. 

→ Nicht redigierte Vorabversion “Was ist Open Circular Design?”

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Erwähnen

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3. Fragen & Antworten

Ok. Mit all dem im Kopf, gehen wir nochmal in die Fragen rein.

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I. Open Source Hardware und Kreislaufwirtschaft? Wie kann das geschäftlich funktionieren?

Ich habe über Open Source-Hardware nur am Rand gesprochen, als es um Lizenzen ging. Open Source bedeutet, dass ich das Wissen hinter meinen Produkten nicht monopolisiere. Alle dürfen es frei einsetzen zu jedwedem Zweck auch kommerziell. Ich stelle sogar Dokumentation dafür zur Verfügung. 

Wie wir hier gesehen haben, hat das viele potentielle Vorteile für die Nachhaltigkeit von Produkten. Aber es wirft bei vielen Menschen auch die Frage auf, wie man ohne Monopol Geld verdienen soll. 

Das funktioniert natürlich gut. Die Frage ist immer, wie man Open Source einsetzt. Open Source ist ein Werkzeug, mit dem man Produkteigenschaften erreichen kann, die Closed Source nicht oder schwer möglich sind. Das muss man verstehen. Es gibt einen Kurs von mir, der listet erfolgreiche Beispiele von Unternehmen mit Open Source-Produkten auf und zeigt immer, wie hier Open Source als Werkzeug genutzt wird. Wir springen mal kurz in diesen Kurs. 

→ Open Source Hardware Entrepreneurship 

<runterscrollen zu “Liste mit Zielen” und ein oder zwei Punkte erläutern.>

FAZIT: Wenn ihr ein Produkt oder Projekt aufsetzt, dass einen echten Wert schafft mit Open Source, dann sollten damit auch Einnahmen möglich sein. Wenn ihr ein crappy Fahrrad in die Welt setzt und keine Business-Skills habt, werdet ihr kein funktionierendes Geschäft damit machen. Schuld daran ist aber nicht, dass das Fahrrad Open Source ist. (Btw. da fällt mir auf, dass Fahrräder ein gutes Beispiel für Open Source-Hardware sind.) 

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II. Circular House? Wie kann unser Haus hier die Kreislaufwirtschaft umsetzen?

Ich habe heute schon viel Zeit mit Designstrategien verbracht. Die Antwort ist damit gegeben. Wenn hier etwas entsteht (also gebaut oder eingerichtet wird), dann immer versuchen, sich so stark wie möglich daran zu halten. 

Wir haben vor ein paar Jahren auch schonmal ein Poster gemacht, welches ebenfalls Hands-On-Designanweisungen auflistet. Das Poster kann man in 9 verschiedenen Sprachen hier herunterladen und frei genutzt werden. Hier ist die deutsche Version: 

Ich war vorletzte Woche in einem Haus, welches bemerkenswert zirkulär gebaut war! Ich bin mit staunenden Augen durchgelaufen und habe vom bloßen Hinsehen viel gelernt. Was habe ich zum Beispiel gesehen? 

– Das Haus war aus Betonplatten zusammengesetzt. Die Betonwände waren blank und die Platten hatten kaum Löcher. Man kann sie also wieder herauslösen und neu verbauen. Außerdem ist reiner Beton gut recycelbar! 

– Die Leitungen für Wasser und Strom verliefen über der Wand. Die Kabel waren durch Standard-Aluminiumrohre geführt, die einfach frei an der Wand saßen, so wie sie aus dem Baumarkt kamen. Kabelschächte, Wasserrohre, Lüfter – all das hing frei angeschraubt und unbehandelt herum. Man kann es wieder abmontieren und anderswo anbringen. Oder ins Recycling geben. Die Kabelschächte, Rohre, Stangen. All das bestand aus gut recycelbarem Monomaterial. 

– Die Innenwände des Gebäudes bestanden aus großen Glasplatten. Alle im selben Maß und ohne Eingriffe. Sie lassen sich direkt umsetzen oder ausbauen und woanders neu verwenden. Als Wand oder Fenster oder Bruchglas. 

– Das Geländer und die Holztreppen bestanden aus geometrischen modularen Teilen. Keine Sonderanfertigungen mit speziellen Biegungen und dergleichen. Damit kann man das auch direkt ausbauen und sortenrein neu oder anders verwenden. 

– Die ganze Architektur des Hauses war so, dass man es ohne größeren Aufwand intern schnell umbauen kann für wechselnde Nutzungen. 

KURZUM: Das Haus zerfällt in nützliche Bauteile für andere Projekte bis runter auf die Materialebene. Die Designprinzipien, die ich genannt habe, finden sich dort wieder.  

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III. Wie kann man Leute vor Ort für unser Circular House begeistern und darin einbinden?

Tja. Kreislaufwirtschaft und wirklich nachhaltiges Design sind absolute Nischenthemen. Viel Aufmerksamkeit ist hier nicht abzuholen. Aber Hoffnung, dass sich doch was tut (vor allem politisch), besteht immer. Tragt zur wachsenden Aufmerksamkeit bei, indem ihr einfach ein guter Community-Ort seid. 

– Seid offen und einladend. Macht Events und stellt eure Räume zur Verfügung für Events von anderen. Gebt Möglichkeiten und teilt Ressourcen. Communities bilden sich um Ressourcen. Und Räumlichkeiten sind eine Ressource, die immer funktioniert. 

– Versucht dem Ort eine visuelle Identität zu geben. Open Circular Design bringt eine inklusive Ästhetik mit sich. Es kann bunt sein und interessant. Gestaltet Dinge mit Spaß, ansprechend und interaktiv. “Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.” Anstatt Open Circular Design zu erklären, kann man es vielleicht hier einfach erleben, anfassen, bestaunen und sichtbar mitgestalten. 

– Überlegt, wen ihr ansprechen wollt und was diese Leute anzieht? Vermutlich sind es Menschen, die sich für Neues interessieren. Kommuniziert euch als Technologie- und Innovations-Ort. 

– Seid verlässlich, sauber, pünktlich und organisiert. Das schafft Vertrauen und zieht Menschen an, die gern etwas auf die Beine stellen und das auch können! Und diese Menschen ziehen wiederum mehr Menschen an. (Und Kapital und damit Möglichkeiten…)  

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Wissen teilen, ja, aber wie? Wie kann man freies Wissen für Kreislaufdesign online so aufbereiten und strukturieren, das es zugänglich wird und vor allem auch bleibt?

Ja, das ist schwer. Es gibt keinen einheitlichen oder besten Ort. Open Hardware-Projekte oder Hausprojekte nutzen verschiedenste Tools.

Webseiten, Foren (eigene oder andere), Social Media Präsenzen, Repositories (z.B. auf Git), eine Cloud, Shops, Maker-Plattformen, Apps, Videos vielleicht sogar Podcasts?

Alle haben ihre eigenen Tücken und Probleme. Ein perfektes oder richtiges Tool gibt es nicht. Zumindest kann man das nicht allgemein nennen. Hier ein paar Dinge, auf die ihr achten müsst: 

(1) Spaß an erster Stelle 

– All diese Tools machen Arbeit! Wenn man sich für eins entscheidet, dann sollte man eines nutzen, bei dem man auch Lust hat es zu füttern. Wenn man keinen Spaß dabei hat, dann wird man das auch nicht weitermachen!

– Wissen ist immer fluide. Es findet sich oft die Idee, dass man Wissen einmal anlegt und dann ist es für lange Zeit verfügbar. Das ist selten der Fall. Man ist nie oder selten zufrieden. Wissen Teilen ist ein Prozess und kein Ergebnis (darum sollte man daran Spaß haben).

– Nutzt Lösungen für eure eigene Arbeit, die ihr auch als Konsumenten nutzt. Wenn ihr selber gar nicht Instagram konsumiert, dann werdet ihr dort wahrscheinlich auch nicht den besten Content machen. Geht also nicht von imaginären Usern aus. Sondern von euch selbst. 

– Fragt euch, wofür ihr dokumentiert. Basieren die Gründe auf richtigen Annahmen und sind sie motivierend genug? 

(2) Nachhaltigkeit & Resilienz der Technik

Wie stabil ist die genutzte Lösung? 

–  Ist es eine Maker-Plattform hinter der ein StartUp steht? Dem geht vielleicht in 2 Jahren das Geld aus und die schalten die Plattform ab. (Kein hypothetischer Fall)

– Ist das eine Lösung, die von einer Person in ihrer Freizeit programmiert wird? Was ist, wenn die plötzlich Kinder bekommt und keine Zeit mehr hat?

– Ist es exotische Technik, die bald nicht mehr kompatibel ist mit neueren Entwicklungen oder keine Updates mehr erhält? Oder setzt es auf einen Stack, der wohl noch lange supported wird. Oder kann man zumindest die Daten einfach in ein neues Format konvertieren? 

– Ist es eine super coole aber schwer zu betreibende Technik und nur einer im Team hat wirklich die technische Expertise dafür? Was ist wenn diese Person aus dem Team verschwindet? Einfache Bedienbarkeit ist wichtig! 

– Liegt es auf einer fremden Plattform und ist deren Bedingungen unterworfen? Kann die einfach morgen die Regeln ändern und euren Content runterschmeißen, vergraben oder verändern?  Kann man Backups ziehen und auch wieder “einspielen”? 

– Ist das alles gut durchsuchbar, maschinenlesbar, indexierbar, editierbar? 

Kenne ich die eine perfekte Lösung oder den Sweet Spot? Nein. Man muss wohl immer Trade-Offs machen. Darum ist Spaß auch so wichtig. 

Ich nutze (und liebe) WordPress. Aber viele machen sich über die Technik (PHP) lustig. Und es ist schwer, Aufmerksamkeit für eine Webseite zu bekommen. (Eyeballs sind eher auf Plattformen.) Dafür habe ich volle Kontrolle. Und WordPress fährt 2021 42% aller Webseiten im Netz. Es wird wohl noch lange Support dafür geben (Pfadabhängigkeit). 

(3) Struktur: Modularität, Universalität, Vollständigkeit

Und es gibt auch noch Dinge zu sagen dazu, wie man das Wissen selber anlegt. Und dazu was man überhaupt dokumentiert. 

– Versucht die Designs so einfach zu machen wie nur möglich. Ein gutes Design ist manchmal so einfach, dass vielleicht ein Foto schon reicht, um zu erklären, wie es gemacht ist.

– Menschen suchen selten nach einer einzigen Quelle. Man schaut mehrere Videos und zieht sich dann dort etwas heraus. Setzt auf Konstruktionsprinzipien. Und macht die eher stark. Setzt auf Literacy (Alphabetisierung). Menschen, die etwas nachbauen können, können in der Regel auch Anpassungen und damit eigene Ergänzungen vornehmen. 

– Wichtige Bestandteile: Ein gutes Bild und eine kurze Zusammenfassung.

– Gebt klare logische Namen. Nutzt die richtigen Bezeichnungen. Nicht was cool klingt, sondern wonach Leute suchen würden. Nutzt Versionsnummern. 

– Offene Lizenzen. Ja. Klar. Wenn Menschen eure Inhalte frei nutzen und weitergeben können, dann hilft das. Setzt euch mit offenen Lizenzen auseinander. Wer dazu etwas lernen will. Hier. Oder hier.

– In der Welt von Open Source-Hardware finden sich ein paar Anleitungen dazu, wie man Open Source-Hardware richtig dokumentiert. “Was ist die Source von Hardware?” Die Best Practices of Open Source Hardware der OSHWA geben einen Überblick. Und das Forschungsprojekt OPEN! hat ein Open-O-Meter erstellt, das zugleich als eine gute Übersicht funktioniert. Hier mal eine Kopie der wichtigsten Stelle: 

“The open-O-meter is a simple scale from 0 to 8 where a product gets one point for each of the following aspects:

– design files are published;
– assembly instructions are published;
– a bill of materials is published;
– a contribution guide is published;
– the published CAD files are in editable format;
– the published assembly instructions are in editable format;
– the published bill of materials is in editable format;
– all this information is published under a license allowing commercial reuse.”

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“Das ist doch hässlich!” Welche Ästhetik steckt in Open Source Circular Design? Welche Schönheit (er)finden wir darin?

– Die Ästhetik von Nachhaltigkeit. Der absolute Großteil der Objekte, die uns umgeben, sind nicht nachhaltig. Häufig ist der Grund, weshalb sie nicht nachhaltig sind, in der Ästhetik (geschwungene Formen, glitzernde Oberflächen etc.) zu finden. Nachhaltige Objekte werden eine andere Ästhetik haben. 

Freiheit. Open Circular Design spricht mich als Mitgestalter:in an, nicht nur als passive dumme Konsument:in. Sie bilden mich. Ermächtigen mich. Erklären mich mir selbst anders. Machen mich unabhängig. (MacGyverization

Überleben

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… climate change?
 Which city is smarter? The „smart city“ with street lights that are technically sophisticated and networked? Or the city with open documented, accessible, easy to understand street lights? When a storm hits the city infrastructure – which lamps are easier to repair locally? When the coastline moves – which lamps are easier to dismantle, take away and put up in another region? Openness helps us to adapt!

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4. Ende 

Ok. Danke für die Aufmerksamkeit. 

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